An Bilddeutungssysteme, die Aufgaben wie die Unterstützung der Diagnose im medizinischen Bereich, die Untersuchung von komplexen Satellitenaufnahmen und die teileweise inhaltsbasierte Suche in Bilddatenbanken lösen sollen, werden verschiedene Flexibilitätsanforderungen gestellt:

2.2.1 Beschreibung

Eine grundlegende Erkenntnis der herkömmlichen Forschung im Bereich der Bilddeutung ist, daß Bilddeutungsverfahren in vielen Hinsichten noch fehlerhaft sind, daher benötigen wir eine Möglichkeit, diese Fehleranfälligkeit und Unzuverlässigkeit zu umgehen. Die Lösung ist, ein Bilddeutungssystem in Form einer Bilddeutungsshell zu entwickeln, die die konkreten Bilddeutungsverfahren steuert und allgemeine Anforderungen erfüllt. Diese allgemeinen Anforderungen an ein wissensbasiertes Bilddeutungssystem lassen sich anhand der im vorigen Abschnitt beschriebenen Probleme (s. P. 1 bis P. 7 in Abschnitt 2.1.2.2) der herkömmlichen Bilddeutungsmethoden begründen. Wir werden diese jetzt beschreiben und im Folgendem als Leitfaden für die Erstellung unseres Modells verwenden.

Anf. i Anpassung der Bilddeutung auf das jeweilige Untersuchungsziel.

Der Begriff der Bilddeutungsaufgabe wird später mit der Definition eines Bilddeutungsproblems verfeinert werden (vgl. Abschnitt 2.4.1).

Die beiden ersten Beispiele sollen zusätzlich verdeutlichen, daß obwohl mit denselben Bildern gearbeitet wird, die gestellten Aufgaben sehr unterschiedlich sein können und folglich auch die Methoden zur Lösung der Aufgabe verschieden sein werden.

Anf.ii Anpassung der Bilddeutung auf Bildklassen.

Die Parameter für die jeweiligen Bilddeutungsmethoden werden durch die Bilddeutungsaufgabenklasse bestimmt. Abhängigkeiten zwischen Parameterwerten oder zumindest zulässigen Wertebereichen für Parameter sollten zusammen mit dem Wissen über die Vorgehensweise der Bilddeutung modelliert werden können (P. 4).

Anf.iii Berücksichtigung von Bildbegleitinformation.

So bildet für eine Kernspintomographie die Menge der vom Tomograph gelieferten Aufnahmeparameter eine für die Bilddeutung sehr wichtige Informationsquelle, da diese Parameter unter anderem Aufschluß geben über die Kontrastverhältnisse im Bild, darüber welches Gewebe hell und welches dunkel erscheint und ob es überhaupt sichtbar ist. Beispiel für solche Bildbegleitinformation im Kernspintomographiebereich sind Echozeit, Echotyp, Aufnahmeprotokoll, field of view, und andere Daten.

Viele bildgebende Verfahren liefern zusammen mit einem Bild eine Menge von Parametern, die in der Regel wichtige Information über Charakteristika des entsprechenden Bildes liefern.

Ein wissensbasiertes Bilddeutungssystem sollte Zwischenbeziehungen und Abhängigkeiten zwischen Bilddeutungsmethoden, Parametersetzungen von Bilddeutungsmethoden, Bildklassen und Werte einzelner Bildbegleitparameter berücksichtigen können.

Anf.iv Anpassung der Bilddeutung auf spezielle Bilder innerhalb der einzelnen Bildklassen.

Aufgrund der Parameterempfindlichkeit vieler Methoden, muß die Deutung einer Feinanpassung der Parameter an die Bildparameter unterliegen (P. 5).

Anf. v   Auswahl der jeweils optimalen Bilddeutungsmethode für eine Bilddeutungsaufgabe, wenn mehrere zur Verfügung stehen.

Anf. vi Auswahl der jeweils optimalen Parametersetzung einer Bilddeutungsmethode für eine Bilddeutungsaufgabe, wenn mehrere zur Verfügung stehen.

Anf. vii Flexibler Zugriff auf existierende Bilddeutungsverfahren.

Die Bilddeutungsmethoden müssen so modelliert werden können, daß sie für das Bilddeutungssystem eine homogene Schnittstelle bilden. Diese muß zwischen den atomaren Bilddeutungsoperationen existieren, die sie verkörpern und den tatsächlichen Implementierungen, die verwendet werden (P. 2).

Anf. viii Zugriff auf bzw. Modellierung von Domänenwissen, das formal getrennt und unabhängig von den Auswertungsverfahren selbst dargestellt wird.

Anf. ix Steuerung durch Domänenwissen.

Anf. x Revisionsfähigkeit, um den Erfolg von einzelnen oder Folgen von Bilddeutungsschritten zu untersuchen. Dazu müssen die Ergebnisse der Durchführung von Bilddeutungsschritten in Verbindung mit den von ihnen verursachten Entscheidungen gebracht werden und diese Entscheidungen müssen gegebenfalls geändert werden können (P. 6).

Anf. xi Die Unterstützung der Integration von neuen Verfahren in existierende Systeme.

Anf. xii Entwicklungsumgebung für Erweiterungen und Verbesserungen.


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Diese Beschreibung entspricht dem Kapitel 2 vom Cyclops-Buch "Wissensbasierte Analyse Medizinischer Bilder", ab Januar 1997 im INFIX-Verlag erhältlich.